Mittwoch, 10. Februar 2010

Auge in Auge mit dem Axtmörder



Manchmal habe ich das Gefühl, ich ziehe verrückte Typen an. Die Bekloppten treffe ich natürlich immer in der S-Bahn. Top drei der bescheuersten Begegnungen:

3. Platz: Der Geistesgestörte
Ich war mit meiner Mitbewohnerin mit dem Fahrrad in der S-Bahn unterwegs. Wir hatten eine entspannte Radtour vor, es ging gen Wannsee. Direkt vor uns stieg plötzlich ein ziemlich verlotterter Mann ein. Wie ein Wahnsinniger rannte der Typ vor uns hin und her und riss dabei seinen schwarzen Mund auf. Zähne waren nicht mehr drin, bloß ein paar Stummel. Dabei murmelte er Unverständliches und lachte hysterisch. Wegen unserer Räder konnten nicht einfach ins nächste Abteil spazieren. So standen wir dem Wahnsinnigen noch eine Weile gegenüber - unwissend, was wir tun sollten - bis er sich irgendwann jemand anderem widmete.

2. Platz: Der Deutschland-Hasser
Ich bin kein Patriot und wenn jemand eine Deutschlandfahne von seinem Balkon hängt, finde ich das komisch. Der Typ, der hinter uns in die U9 stieg, hasste das Land der Dichter und Denker dagegen. Er rannte in dem kleinen Waggon hin und her und schrie permanent "Scheiß-Deutschland", wahlweise "Scheiß-Deutsche". Da die meisten Fahrgäste Deutsche waren, mochte er die auch nicht - und fing deswegen an, sie zu bespucken. Da war es bei mir mit der Toleranz vorbei. Ich stand auf, ging zu dem "Heini", wie ich ihn gern tituliere, und schubste ihn ein Stückchen nach hinten - eine durchaus alberne Aktion, weil der Freak mich um zwei Köpfe überragte und lediglich überrascht war. "Warum machst du sowas? Der hätte auch ein Messer haben können", sagten mir Freunde später oder sie vermuteten: "Der war doch auf irgendetwas." Höchstwahrscheinlich hatten sie Recht. Klug war es nicht, ihn anzurempeln, aber in dem Augenblick habe ich nicht darüber nachgedacht. Meine drei Bekannten (zwei Mal männlich), die mit mir unterwegs waren, begnügten sich übrigens damit, sitzen zu bleiben. Nach meinem "Spontan-Angriff" flitzten wir schleunigst aus der Bahn. Der Durchdreher blieb drin.

1.Platz: Der Axtmörder
Nicht dass Missverständnisse aufkommen: Ich lebe noch. Aber als der Axt-Freak auftauchte, hatte ich schon ein bisschen Angst. Kurz zur Ausgangsituation. Ich stieg am Alex in die U8 - er saß mir gegenüber, ein Typ mt etwas längeren dunklen Haaren, sportlich, mit einem Kapuzenpullover gekleidet und Rucksack. An der Jannowitzbrücke stiegen dann zwei jüngere Leute ein - vom Schlag "Brandenburg". Ich weiß, dass das diskriminierend ist, ist mir aber egal. Brandenburger Jugendliche tragen oft kurze Haare (er), haben ganz schmal gezupfte Augenbrauen (sie) und sind in der Regel solariumsgebräunt (beide). Das Problem: Brandenburger können unsensibel sein. Wie es auch dazu kam - der Typ mit dem Kapuzenpulli fühlte sich plötzlich angegriffen, stand auf und zauberte aus seinem Rucksack - voilá- eine Axt.

"Na los, hol dein Messer raus", forderte er den Brandenburger auf. Der guckte nur verdutzt - genau wie ich. Noch verdutzer war ich, als der Freak plötzlich die Axt mit beiden Händen anhob und sie fünf Zentimeter neben meinem Kopf in die Zugwand hämmerte. Ich entfernte mich danach erstmal möglichst weit von dem Axt-Schwinger. Von hinten hörte ich nur, wie der Typ rief: "Ich kann damit umgehen", "Ich habe Bock, einen Menschen zu töten." Genau dieser Wortlaut. Obwohl der letzte Satz irgendwie aufgesetzt klang, ich wusste nicht, was der Mensch vorhatte. Seine Augen waren riesengroß und zurechnungsfähig war "Mister Axt" auch nicht mehr. Als ich endlich auf dem Bahnsteig stand und der Typ noch in der Bahn, war mir wohler. Die anderen Fahrgäste waren übrigens wenig schockiert von dem Axtschwinger - nur ein Mann stieg mit mir aus der Bahn.

Montag, 1. Februar 2010

Die Misere mit der Mixkiste

Zuerst habe ich es ja für bloßen Friedrichshainer Schnickschnack gehalten - eine Gemüsemixkiste, frisch vom Bauern, die bestellen sich ja wohl nur pseudo-alternative Pärchen aus dem Prenzlauer Berg. Zu einem Studentenwohnheim passt der Begriff „Märkische Mixkiste“ einfach nicht. Bei uns wird auf Etage eins bis vier regelmäßig Miracoli gekocht, eine selbst belegte Pizza ist da schon die Luxusvariante. Und nun frisches Obst und Gemüse, das auch noch den Status „Bio“ trägt?

Eine Freundin, die von der Gemüsekiste schwärmte, hatte mich schließlich überzeugt: Gut, ich kann es ja mal ausprobieren. Im Eichkamp waren meine Mitbewohnerin und ich übrigens die ersten, die die bunte Kiste bestellten, Pioniere sozusagen. Charlottenburg wird immer am Dienstag beliefert. Wir sind aber ausgerechnet dienstags immer nicht da. Deshalb sollte der Lieferant die Kiste direkt im Flur vor unserer Haustür abstellen. Am Abend würden wir unser frisches Biogemüse dann verspeisen können.

Um es abzukürzen: Die Kiste kam nicht an. Ja, wir hätten es uns denken können. Im Eichkamp kommt öfter etwas weg. Briefe, Pfandflaschen, Käse, Wein - alles mögliche wird geklaut. Ob das immer die beiden Obdachlosen sind, die fast täglich über unser Gelände wandern oder andere Studenten oder der Hausmeister - ich weiß es nicht. Die Verkäufer von der Märkischen Kiste waren jedenfalls überrascht. Sowas käme „selten“ vor. Als Neukunden wollte man uns aber nicht vergraulen. Die nächste Kiste sollte es gratis geben.

In Gedanken war die Freude groß: Wir sahen uns schon die ausgefallenen Kartoffelsorten sortieren, an neuen frischen Gewürzen schnuppern und raten, welche der Knollen die Petersilienwurzel sei. Und dann der Blick in die echte Kiste, die eine Woche später ankam und immerhin 20 Euro kostete: fünf Mohrrüben, ein paar Minibirnen, zwei Brokkolie, acht kleine Zwiebeln, ein Kohlkopf (aus Frankreich) und vier Clementinen (auch aus Frankreich). Der Kohlrabi kostete allein 1,60 Euro. Biokisten sind doch nur etwas für reiche Friedrichshainer.

Samstag, 16. Januar 2010

Eichkamperin for Präsident!

Ich weiß nicht, wie gut meine Chancen stehen, aber probieren kann ich es erst einmal. In Folge meiner akuten Geldnot bin ich permanent auf Jobsuche und das Amt des Präsidenten an der Freien Uni in Berlin wird demnächst frei. Herr Lenzen packt seine Sachen - ganz freiwillig, wer hätte das gedacht. Künftig trinkt er nun Astra in der Hans-Albers-Klause im schönen Hamburg. Aber: Sein Stuhl muss besetzt werden. Und die FU ist schon fleißig dabei, seinen Posten neu zu vergeben. Vor Kurzem wurde mir dafür sogar extra ein Bewerbungsformular zugeschickt.

Seine akademische Verbissenheit solle man der FU allerdings nicht so sehr nach außen tragen. Vielmehr komme es darauf an „die Dünkel des Theoretikers (...) zu überwinden und sich den „den Gesetzten der Wirtschaft zu unterwerfen“ - so steht es im Anschreiben. Das stellt zunächst mal kein Problem für mich da: Sind wir nicht alle Spielbälle der freien Wirtschaft und basteln heimlich an unserer Karriere in derselben?

Unsicher bin ich mir allerdings noch darüber, welche der angegebenen Schlüsselqualifikationen ich ankreuzen soll. „Erfahrung mit Bachelorstudium“ kriegt schonmal ein fettes Kreuz, „eigener Fanclub“ auch. Zwei Freundinnen wollen das schriftlich bestätigen. Bei „Exzellenz“ bin ich mir mit meiner letzten 3,0 Hausarbeit nicht so sicher, aber „fleißiger Bücherschreiber“ und „Freund der deutschen Wirtschaft“ gebe ich erstmal selbstbewusst mit an. Wer kann so was schon nachprüfen? Herr Lenzen bestimmt nicht. Wenn der das überhaupt noch mitbestimmt. Wenn ich frech bin, kreuze ich auch einfach noch „weißer Mann“ an – dann werde ich auf jeden Fall zum Vorstellungsgespräch eingeladen.

Bleibt noch die Motivation! Warum genau will ich Präsidentin der FU werden? Punkt eins „Ich habe gerade nichts besseres zu tun“ ist schonmal zutreffend, wird aber von den anderen Bewerbern sicher auch oft angegeben. Dann doch lieber: „Meine Bewerbung um die Professur im Bereich Politische Ideengeschichte wurde abgelehnt. Das klingt doch nach etwas! Und wenn diese Begründung auch nicht zieht, sage ich, dass ich die erste weibliche Präsidentin an der FU werden will und dass ein bisschen Frauenpower der Sippe da unten in Dahlem mal gut tun würde. Immerhin würde ich als neue Prsäidentin einiges auf mich nehmen – zum Beispiel den weiten Anfahrtsweg nach Steglitz.
Das Bewerbungsformular gibt’s unter: www.bildungsstreik-berlin.de/wiki/images/c/c8/Lenzen-Bewerbung.pdf

Mittwoch, 6. Januar 2010

Leben zwischen Eicheln und Einsamkeit - das Studentenwohnheim Eichkamp

Den Ort, an dem ich wohne, kennen die meisten Mitte-Berliner gar nicht. Jenseits vom Westkreuz höre die Welt oder zumindest Berlin auf - das denken viele. Aber : Das stimmt nicht. Versteckt zwischen der Avus, dem Grunewald und dem Messegelände befindet sich die kleine Eichkamp-Welt. Ein Mikrokosmos voller Studenten. Etwa 400 sollen in meinem internationalen Wohnheim leben. In Sieben und Zehner-Wohngemeinschaften hausen wir zusammen in zwölf roten und grünen vierstöckigen Häusern. Dadurch, dass die meisten Zimmer nur 10 Quadratmeter groß sind, passen viele Studenten in ein Haus. Nun könnte man denken, dass bei uns stets reger Trubel herrscht - bei so viel geballter studentischer Lebensfreude. Das ist weit gefehlt. Ihre gute Laune und ihren Sinn für Kontakte scheinen fast alle Bewohner am Eingangstor abgegeben zu haben. Auf vielen Etagen wird kaum miteinander gesprochen. Das Schweigegelübde ist oberstes Gebot im Eichkamp. Manche Bewohner verkriechen sich tagelang in ihren Zimmern, huschen in einem unbemerkten Augenblick in die Gemeinschaftsküche - Kontaktaufnahme zwecklos. Dass im Eichkamp möglichst nicht gesprochen wird, lernen auch die Neuzugänge. Jene unbedarften Erstsemester, die noch fröhlich und gesprächig das kleine Studentendorf betreten. Doch nach ein paar Tagen werden auch sie ruhiger und verstummen schließlich ganz.

Wer Kontakt sucht, kann sein Wort an die Eichen richten. Die gibt es zahlreich im Eichkamp, genauso wie ihre Früchte, die Eicheln. Die alten Bäume wachsen unverschämterweise direkt neben den Häusern und nehmen mit ihrem ausladenden Geäst jede Chance auf einen Lichtstrahl im Zimmer. Zumindest in den untereren Etagen herrscht sommers wie winters eine gleichbleibende Dunkelheit. Doch die düstere Umgebung passt eigentlich wunderbar - zur depressiven Grundstimmung der Eichkamper. Zugegeben, sooo schlimm ist es bei uns auch nicht. Zwischen den vielen Stimmlosen wohnen auch ein paar gesprächigere Eichkamper. Sie sind rar und schwer zu finden, aber es ist nicht unmöglich, sie anzutreffen. Es ist diese Studenten-Spezies, die ab und zu auch Geburtstage feiern, die drei Hähnchen auf einmal kochen, die zusammen Glühwein trinken und Filme gucken. Ein wenig soziale Interaktion gibt es im Eichkamp. Und dennoch: Die Mönche sind unter uns.

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Lehrstunden beim Oberweihnachtsmann

„O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie treu sind deine Blätter“, so schallt es an einem Mittwochnachmittag durch den Mensaflur der Technischen Universität. 60 Männerstimmen trällern dort im Chor - mehr oder weniger synchron - das bekannteste deutsche Weihnachtslied. Die kleine Vorstellung sorgt unter den Studenten für erstaunte Blicke und grinsende Gesichter. Den Oberweihnachtsmann lässt dies gänzlich unbeeindruckt. Er schminkt sich sein Gesicht mit weißer Farbe an und rezitiert danach vor versammelter Mannschaft den „Knecht Ruprecht“: „Von draußen, vom Wald komm ich her, ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr.“
Mit nur zwei weiteren weiblichen Personen habe ich mich unter die Horde zukünftiger Weihnachtsmänner gemischt. Denn heute soll uns der Oberweihnachtsmann erklären, wie aus uns gute Weihnachtsmänner- und engel werden. Ganze vier Stunden wird der Workshop dauern. Ich hoffe inständig, dass er schon etwas eher zu Ende ist - allerdings ohne Erfolg. Man glaubt gar nicht, was ein Weihnachtsmann oder Engel alles können muss: Wer hätte gedacht, dass auch eine Lektion Improvisationstheater Teil des Lehrplans ist? So hüpfen, rennen und stolpern wir etwa zwei Stunden lang durch die Mensaflure, schneiden Grimassen, beschimpfen uns und bauen zuletzt sogar aus uns selbst ein lebendes Kunstwerk: Jeder Schauspieler wäre stolz auf uns. Zwischendurch müssen wir immer wieder auf fiese Fangfragen reagieren. Was tun, wenn ein Kind fragt: Weihnachtsmann, wo sind deine Rentiere? In solchen Fällen heißt es spontan und gewitzt antworten. Ein Achselzucken und der genervte Blick zur Uhr sind keine adäquate Erwiderung auf diese Frage - all das habe ich beim Weihnachtsmann-Workshop gelernt.
Falsche Antworten sind aber nicht das Einzige, was man am heiligen Abend in seiner Mission als Weihnachtsbote so alles falsch machen kann. Auf die tückischsten Fehler wies uns unser Oberweihnachtsmann mit dem dicken Rauschebart, (der übrigens echt war) zum Glück hin. Hier ein Auszug: 1. Der Weihnachtsmann hat kein Handy, das klingelt. 2. Der Weihnachtsmann trinkt mit Papa oder Opa keinen Schnaps nach der Bescherung. 3. Der Weihnachtsmann verprügelt keine Kinder mit der Rute und 4. er steckt sie auch nicht mal kurz in seinen Sack, um ihnen ein bisschen Angst einzujagen (wurde alles schon angefragt.)
Ausgestattet mit so vielen guten Ratschlägen würde der heilige Abend sicher ein voller Erfolg, dachte ich mir. Die anstrengenden vier Stunden Vorbereitung haben sich jedenfalls gelohnt: Von nun an bin ich ein amtlich eingetragener Weihnachtsengel. So steht es auf meinem Zertifikat. Eine Qualifikation, die bei der Jobsuche später vielleicht den entscheidenden Vorteil bringt: Ich meine, wer kann z.B. so etwas von sich behaupten: „Engel kann zwei Weihnachtslieder singen und anstimmen.“

Die Krone aus dem Ruhrgebiet
Ein echter Engel braucht einen Lichterkranz. Doch was tun, wenn das Kostüm, das ich teuer bei ebay ersteigert habe, keine Kopfbedeckung enthält? Dann hilft nur Selber basteln oder sich auf dem Weihnachtsmarkt nach anderen Engeln umschauen, und denen den Kranz klauen. Mit zwei Gehilfinnen war ich eines Vormittags auf dem Weihnachtsmarkt am Gendarmenmarkt unterwegs. Schon gut beschwipst vom Glühwein beobachteten wir dort vier Damen um die 50, die doch tatsächlich alle ein weißes Krönchen auf ihrem Kopf trugen - das perfekte Accessoire für mein Kostüm. Soeben hatten die vier jeder ein Fläschchen Likör hinuntergestürzt, kombiniere: Arbeiten mussten die bekrönten Damen heute nicht mehr. Einer von ihnen die Krone zu entreißen schien mir schwierig zu sein. Die anderen drei hätten den Verlust sofort bemerkt. Also musste ich es auf die charmante Tour versuchen: Ich ging schnurstracks auf die vier zu und fragte ganz frech, woher sie denn die schicken Kronen hatten. „Die haben wir mitgebracht“, antwortete eine schwarzhaarige Frau mit einem heftigen Ruhrpottdialekt. So erfuhr ich, dass die vier einer Reisegruppe aus Essen angehören, die ein paar Tage Berlinhopping betrieb. In ihren Fall eher Weihnachtsmarkthopping: Unter den Linden, Charlottenburg, Zoo - am liebsten wollten sie noch alle Berliner Weihnachtsmärkte besuchen. Abends ging es in den Friedrichstadtpalast. Nach diesem Kulturprogramm sei es dann aber genug, so die Schwarzhaarige. Sie lächelte. Was ich seither weiß: Frauen aus dem Ruhrpott sind toll. Am Donnerstag sei ihre Reise ja schon wieder zu Ende, sagten die Damen. Da bräuchten sie die Krönchen ja nicht mehr. Gern könne ich sie mir abholen. Zuständig für die Übergabe war „die Birgit“, die „eine ganz Nette“ ist. Birgit, so stellte sich heraus, war Reiseleiterin - und rief mich tatsächlich am Donnerstagmittag an. So kam es, dass ich die Damen nochmals besuchte. Diesmal saßen sie schon angeschnallt in ihrem Reisebus, der sie zurück in die Heimat bringen sollte. Neben ihrem Tisch köchelte der Glühwein vor sich hin - die Fahrt schien lustig zu werden. Die Schwarzhaarige überreichte mir stolz ihr weißes Krönchen, ich war glücklich. Zum Abschied drückten mir die vier noch zwei Gutscheine für eine Currywurst mit Pommes in die Hand - Damen aus dem Ruhrpott sind toll!

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Wie werde ich ein Weihnachtsengel???

Auch Eichkamper müssen arbeiten! Besonders, wenn sie gerade wenig Bares besitzen. Anders ausgedrückt: Ich war auf Jobsuche! Nun kann man Putzen oder Kellnern gehen oder - was viel, viel schlimmer ist - im Callcenter arbeiten. Da ich in "meine " alte Telefonhölle nicht wieder zurück wollte, sinnierte ich schon eine Weile hin und her, wie ich mein Portemonnaie füllen könnte.
Ein Freund gab mir dann den entscheidenden Anstoß: Er spielte im vergangenen Jahr den Weihnachtsmann für eine Reihe von Familien. Verdienst an einem Abend: rund 300 Euro. Für einen Bafögempfänger ist diese Summe schier unglaublich viel Geld. Zum Glück ist die Arbeitsvermittlung des Studentenwerks der Meinung: Viele Weihnachtsmänner brauchen einen Weihnachtsengel. Mein Entschluss stand fest. Ein bisschen Engel spielen, das kann ich auch! Nachdem meine Familie akzeptiert hatte, dass ich am Heiligen Abend nicht da sein konnte, stand dem Engelsplan nichts mehr im Weg! Dachte ich jedenfalls. Es ist nämlich gar nicht so einfach, Weihnachtsengel zu werden! Jedenfalls nicht beim Berliner Studentenwerk. Was ich nicht bedacht hatte, sind die adminstrativen Hürden, die einen zukünftigen Engel erwarten: Perso, große Immatrikulationsbescheinigung, Kaution (wofür eigentlich?), Lohnsteuerkarte - mich hätte es nicht gewundert, wenn sie sich auch noch die Schufa-Auskunft hätten geben lassen. Mit dem ganzen Wisch tingelte ich drei Mal zwischen dem allgemeinen und dem speziellen Weihnachtsmannbüro hin und her - danach hatte ich neun Stempel und Muskelkater vom Hin- und Herlaufen.
Problem Nummer zwei: Das Kostüm! Das ergatterte ich mit etwas Glück bei Ebay, ließ es mir aber ausversehen statt nach Berlin erstmal nach Thüringen schicken, zum Bruder meiner Mitbewohnerin über dessen Account ich das weiße Tüllstück ersteigert hatte. Durch den Umweg ins "grüne Herz Deutschlands" konnte ich mein Engeloutfit nicht auf der Vollversamlung der Weihnachtsmänner- und engel präsentieren. So musste ich mich eines Samstags ohne Kostüm unter 60 Weihnachtsmänner mischen. Einziger Trost: Mein Weihnachtsmann hatte auch noch kein Kostüm! Knapp zwei Stunden harrten wir kostümlos und gelangweilt in der Staatsoper aus , dann huschten wir zum Ausgang, um uns schleunigst den Anwesenheits-Stempel abzuholen. Der Oberweihnachtsmann war so ins Stempeln vertieft, dass er mir nicht nur für die Versammmlung, sondern auch gleich noch fürs Kostüm einen Stempel auf mein Blatt mit den anderen neun Stempeln drückte. Vielleicht lag es aber auch an meinem engelsgleichen Wollpulli oder am vielen Glühwein, dass er den Unterschied nicht mehr bemerkte...
Wie ich mich auf dem Workshop für angehende Weihnachtsmänner und Engel geschlagen habe und warum sich mein Weihnachtsmann seit drei Tagen nicht mehr bei meldet, lest ihr in der Fortsetzung!

Dienstag, 15. Dezember 2009

Intro

Ach, so ein Blog, das ist doch etwas, das ist doch schon etwas. So oder ähnlich rieten mir Freunde, meine Erlebnisse doch auch mal online zu "posten" - wie man das in der User-Sprache nennt. Meine Freunde sind - im Gegensatz zu mir - alle sehr "netzaffin". Manche überlegen mitterweile nicht mehr, wann sie zuletzt im Internet gesurft haben, sondern, wann sie zuletzt nicht online waren.
Ich habe mich dem Diktat gebeugt. Ich versuche es auch einmal. Ein Blog aus dem Leben einer Studentin aus Berlin, naja, da gibt es viele. Meiner soll sich vorwiegend um den Ort drehen, wo ich wohne. Ich gebe es offen zu: Ich bin ein Wohnheimkind. Eines von der seltenen Sorte, das sich nicht in einer schicken Wohngemeinschaft niedergelassen hat, sondern schon seit drei (!) Jahren in einer dieser "Übergangslösungen" wohnt. Und damit sogar mehr oder weniger zufrieden ist.
Obwohl ich etwas außerhalb wohne. Die meisten Berliner Studenten wissen ja nicht einmal, dass Berlin am Westkreuz nicht aufhört. Wenn doch, dann denken sie, dass dahinter Spandau beginnt, jener merkwürdige Randbezirk, in den sie noch nie, nie einen Fuß gesetzt haben: Alles Quatsch! Die Station hinter Westkreuz heißt "Messe Süd". Direkt an das Berliner Messegelände schmiegt sich nämlich unser kleines Wohnheim namens "Eichkamp"an. Das ist sehr euphemistisch ausgedrückt, ich weiß. Wenn man oben auf dem Funkturm steht, dann sieht man deutlich, dass das Wohnheim zwischen der Avus, dem Messegelände und dem "Teufelsberg" quasi eingequetscht wurde. So könnte man es auch betrachten. Zugegeben, mein Wohnheim hat vielleicht nicht die beste Lage, dafür ist es schön grün. Das erzähle ich jedenfalls immer allen Freunden, die nachfragen.
Wie sich das Zusammenleben hier gestaltet und was mich sonst noch beschäftigt, das werde ich von Zeit zu Zeit kurz zusammen fassen. Ich garantiere, dass mein Geschreibsel immer subjektiv, polemisch und ungerecht sein wird. Wen das nicht stört, der sei eingeladen, hereinzuschauen!!!!